Weihnachtsüberraschung

Kurzgeschichte zu „WG mit Biss“ (Schattenseiten-Trilogie)

Fasziniert schlendere ich mit Erika über den sogenannten ‚mittelalterlichen Weihnachtsmarkt‘ im Dresdner Stallhof. Ich bin übrigens Fabian, aus „WG mit Biss“, 223 jung und ein ‚elender Blutsauger‘, wie die Werwölfe uns Vampire gern betiteln. Als ich noch im Hausmannsturm wohnte, habe ich das winterliche Spektakel natürlich mitbekommen, aber viel Lust, mich selbst ins Gedränge zu stürzen, hatte ich nie. Hier gibt es so gut wie keine sinnvollen Spender, da die meisten Besucher sich Glühwein, Punsch und Co schmecken lassen. Alkoholisierte Menschen bekommen mir einfach nicht. Das beständige Gedudel von Weihnachtsmusik oder ähnlichem ist auch nichts für meine empfindlichen Ohren.

Nun allerdings sieht die Welt etwas anders aus, denn meine Gefährtin Erika liebt diese Märkte, obwohl ihre Sinne als Werwölfin ähnlich sensibel sind wie meine. Um den Striezelmarkt haben wir aufgrund der Menschenmassen einen Bogen gemacht und noch ist es hier im Stallhof erträglich. Rebekka haben wir bei den Schwiegereltern abgegeben. Für die Kleine wären es einfach zu viele Sinneseindrücke und solange sie ihre Beißfreudigkeit nicht kontrollieren kann, ist es besser, sie von anderen Leuten fernzuhalten. Die bunten Lichter würden ihr sicherlich gefallen, doch das können wir ein anderes Mal nachholen.

„Mhm, gebrannte Mandeln“, schwärmt Erika neben mir, während wir an den liebevoll gestalteten Buden mit den vielfältigen Auslagen vorbeischlendern. Passend zu den frostigen Temperaturen hat sie einen dicken Mantel an und eine rote Pudelmütze verdeckt den Großteil ihrer blonden Locken. Obwohl mir die Kälte weniger ausmacht, habe ich mich ähnlich gekleidet. Menschen beäugen einen immer so komisch, wenn man bei Temperaturen um den Gefrierpunkt nur mit Jeans und T-Shirt unterwegs ist.

Unterdessen steuert meine Begleiterin zielgerichtet auf eine kleine Holzhütte zu, in der einige Kupferkessel stehen und diverse Süßigkeiten präsentiert werden. Skeptisch begutachte ich das braune, glänzende Zeug. Es riecht sehr süß, aber irgendwie auch gut. Da ich mich eigentlich von menschlichem Blut ernähre, kenne ich nur wenige Nahrungsmittel. Wobei ich eine Schwäche für Süßes habe, wie meine Frau immer wieder lachend feststellt.

Überrascht sieht sie mich an. „Sag bloß, du alter Naschvampir hast noch nie gebrannte Mandeln probiert?“

Ich schüttle den Kopf. „Du weißt, dass ich Menschenmengen nicht mag. Außerdem ist mein Hunger deutlich größer, seit wir zusammen sind, als in den letzten Jahrhunderten.“

„So, so. Na dann wird es Zeit, dass du sie kostest. Aber nicht die ganze Tüte alleine futtern!“, weist sie mich lachend zurecht. Die lebensfrohe Werwölfin kauft eine große Portion Mandeln und läuft zu einem ruhigeren Fleckchen auf dem belebten Mark. Erwartungsvoll hält sie mir die geöffnete Tüte hin. Sofort steigt mir der süße und leicht herbe Geruch in die Nase. Neugierig fische ich mir eins von diesen braunen Dingern heraus und betrachte es erst einmal, bevor ich es verspeise. Die längliche Form lässt noch die Mandel erahnen, aber sie ist versteckt unter einer ordentlichen Zuckerkruste. Ein Hauch von Vanille und Zimt schwingt ebenfalls mit.

„Komm. Die sind nicht giftig“, meint Erika ungeduldig und steckt sich wie zur Bestätigung ihrer Aussage ein paar Mandeln in den Mund. Es knirscht leise und sie schließt genießerisch die Augen. „Lecker! Frisch sind sie einfach am besten und der Stand hat genau die richtige Mischung.“

Ich folge ihrem Beispiel und kaue nachdenklich darauf herum. Zuerst schmecke ich nur den Zucker, dann den Zimt und schließlich die Vanille. Als die Kruste zerspringt, kommt endlich die Mandel heraus. Zusammen ergibt es eine durchaus essbare Mischung.

„Und?“

„Joa, kann man essen.“ Mit diesen Worten greife ich nach der Tüte. Schnell hat Erika sie außerhalb meiner Reichweite gebracht. „Sag bloß, du brauchst noch eine zweite Kostprobe, um dich zu entscheiden?“

Ich grinse. „Eine zweite, dritte oder vielleicht noch eine vierte. Ich muss schließlich sichergehen, dass ich eine aussagekräftige Stichprobe genommen habe.“

Das bringt sie zum Lachen. „Du Schlingel! Versuch bloß nicht, es wissenschaftlich klingen zu lassen, um deinen Zuckerkonsum zu vertuschen.“

Geschmeidig ziehe ich die Werwölfin in meine Arme. „Das Süßeste hier bist und bleibst du“, schmeichle ich und erobere ihren verlockenden Mund. Tatsächlich ist es ein deutlich besseres Erlebnis, die gebrannten Mandeln vermischt mit Erikas eigenem Aroma zu kosten. Von dieser frechen Werwölfin kann ich ohnehin nicht genug bekommen und Momente der Zweisamkeit sind durch das Leben mit Baby eher selten. Erika schlingt ihre Arme um meinen Hals und streckt sich mir entgegen. Vergessen sind die Naschereien oder die Menschen um uns herum. In diesem Augenblick gibt es nur uns beide. Ich ziehe sie noch näher und spüre, wie der Hunger nach mehr in mir erwacht. Nur diese dicken Wintersachen sind einfach lästig und verhindern, dass ich sie so liebkosten kann, wie ich möchte.

Etwas Kaltes und Feuchtes in meinem Nacken holt mich langsam wieder in die Realität zurück. Schon wieder trifft es auf meine Haut. Was ist das denn? Unwillig löse ich mich von meiner Frau. Erikas Wangen sind gerötet und ihre braunen Augen haben einen leichten goldenen Schimmer. Bei diesem Anblick steigt in mir der Wunsch auf, den geschäftigen Markt zu verlassen, um zu Hause das weiterzuführen, was wir eben begonnen haben. Da segelt eine dicke Schneeflocke vom Himmel und landet direkt auf Erikas Nase.

„Schneit es wirklich?“, fragt Erika erstaunt. Wir blicken beide gen Himmel – und tatsächlich: dicke weiße Flocken bedecken langsam Dächer und Mützen. Während wir uns noch darüber wundern, wird der Schneefall stärker und macht nicht den Eindruck, als ob er gleich wieder aufhören würde. Einige Marktbesucher suchen Schutz unter Schirmen oder Hüttendächern, andere bestaunen das Spektakel so wie wir.

Ein glückliches Lächeln erscheint auf ihrem Gesicht. „Schnee zu Weihnachten – das hatten wir ewig nicht mehr.“

Ich lege meinen Arm um ihre Taille und gebe ihr einen Kuss. „Vielleicht haben wir Glück und es hält sich wirklich bis Heiligabend. Bekki wird begeistert sein.“

„Auf jeden Fall.“ Die Werwölfin zwinkert mir zu. „Lass uns nach Hause gehen und die Zeit nutzen, bis wir Rebekka abholen müssen.“

„Nichts lieber als das“, stimme ich zu.

Gemeinsam schlendern wir durch den Schneefall nach Hause und genießen es, ein paar Stunden nur zweit zu haben.

ENDE

Hallöchen!

Ich hoffe, euch hat diese kleine Geschichte gefallen.
Der Weihnachtsmarktbesuch ist dieses Jahr leider nur in Büchern möglich, aber man kann es sich ja auch daheim gemütlich machen. Passend zur Geschichte habe ich daher ein einfaches Rezept für gebrannte Mandeln und Schwarz-Weiß-Gebäck für euch, die ihr gern aufprobieren könnt.
Einfach unten als PDF herunterladen und ausdrucken.

Ich wünsche euch schöne Weihnachten und ganz viel Gesundheit!

Liebe Grüße!
Vanessa Carduie

Die Bilder vom Weihnachtsmarkt und in den Rezepten stammen von mir. 😉

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